Donnerstag, 1. November 2007
Jung
Jung, klug, schön und stark stehen wir vor der Welt, unserer Welt. Eine neue Zeit bricht an, unsere Zeit bricht an und nichts wird mehr sein wie es war. Die Welt ist unser. –für’n Arsch!

Wir waren niemals jung. Wir sind alt geboren worden. Nicht schön sondern hässlich. Nicht stark sondern lethargisch. In unseren Augen war nur Leere.
Wir sind die neuste Ausgabe des Menschen. Krone der Evolution. Krone der geistigen Entwicklung. Wir haben alles was die Welt zu bieten hat. Und wir wissen alles. Wir kennen die Welt. Man hat uns die Verehrung für Wissen und Vernunft eingeimpft und man hat uns das Wissen zu Füßen gelegt. Man hat uns den Zweifel gegeben und man hat uns gelehrt nichts zu glauben. Wir können die Welt verstehen. Wir können sie erklären, auf physikalische, auf chemische, auf geologische, auf jede Art.
Wir können die Menschen verstehen. Wir können in ihre Köpfe sehen. Wir können ihre Psyche zerlegen.
Wir können die Gesellschaft verstehen. Was ist sie schon mehr, als ein paar soziologische Komponenten.
Wir sind das Ideal der Aufklärung. Und wir sind wie Tote.
Wir kennen die Geschichte. Wir standen neben den Scheiterhaufen, wir standen auf den Schlachtfeldern, wir haben mit den griechischen Philosophen diskutiert und triumphiert, wir haben Bibeln geschrieben und sie verbrannt, wir haben uns Heilige geschaffen und sie an Kreuze genagelt, wir haben Paläste gestürmt für die Gerechtigkeit, für die Freiheit, für das Manifest oder für unsern König, wir haben Kulturen ausgelöscht, wir haben Juden vergast, wir haben Schwarze gehängt, wir haben uns für Ala in die Luft gesprengt, und wir haben für die Menschlichkeit gefoltert. Aber das langweilt uns nur noch.
Wir wissen, dass unser Leben auf dem Leid anderer aufbaut. Wir wissen das alle drei Sekunden ein Kind an Armut stirbt und wir schnipsen dazu im Takt. Wir wissen das unsere Autos mit Blut getankt werden und wir wissen, das dieses erst vergossen werden muss. Wir können das alles life im Internet anschauen und wir tun es auch. Aber es ist uns egal, weil wir schon lange resigniert haben.
Wir sitzen in unseren Schlössern und wir sind müde. Wir hassen das Klischee aber wir sind dazu verdammt eines zu sein. Die Zukunft erfüllt uns mit Gleichgültigkeit. Wir hassen es unbedeutend zu sein, doch jeder Versuch zur Nohnkonformität schlägt sofort ins Gegenteil um. Wir werden zur Parodie auf uns selbst. Müssten wir uns selbst einen Namen geben, hießen wir wohl die H&M-Generation, ob unserer eigenen Belanglosigkeit. Über die Selbstironie würden wir dann zynisch lachen. Die einzige Art von Lachen die wir noch beherrschen. Weinen wäre uns lieber aber das können wir schon lange nicht mehr.
Wir würden gerne staunen aber da gibt es nichts mehr. Der Sonnenuntergang zeigt uns nur noch unsere Luftverschmutzung und die Bewunderung des Sternenhimmels fühlt sich so pathetisch und kitschig an, dass es körperliche Schmerzen bereitet.
Gott ist tot. Der Kommunismus ist tot. Der Humanismus ist tot. Der Idealismus ist tot. Der Individualismus ist tot. Eine bessere Welt ist tot. Die Illusion ist tot.
Das Kind in uns war eine Todgeburt. Wir wollen nicht die sein, die wir sind. Wir vegetieren in einem Gefühlskalten Nihilismus. Wir wollen unseren Glauben wieder, wir wollen unser Opium. Wir wollen unsere Unschuld wieder.
Denn Unschuld ist nicht das Freisein von Sünde und Unmoral. Dummheit ist Unschuld.

... link (0 Kommentare)   ... comment